Kőszeg verdient zu Recht den Beinamen „Schmuckkästchen Ungarns“, findet die Mari. 73 Baujuwelen sollen in der Altstadt stehen. Sie sind ordentlich (aber weniger gut lesbar und nur in ungarischer Sprache) mit Informations-Täfelchen versehen und erzählen aus der bewegten Geschichte der pittoresken ungarischen Kleinstadt an der österreichischen Grenze.
So der Heldenturm, jüngstes Juwel in der Günser Schmuckschatulle, der eine spektakuläre Aussicht auf die Dächer der Altstadt bietet. Er wurde an der Stelle des 1880 zerstörten südlichen Stadttores 1932 anlässlich der 400-Jahr-Feier des erfolgreich abgewehrten Türkenangriffs errichtet und erinnert an eines der bedeutendsten Kapitel in der Stadtgeschichte von Kőszeg.
August 1532: 80.000 Türken stehen auf den Südosthängen des Günser Gebirges. Von dem Hügel, der heute als Süleyman Aussicht ein herrliches Panorama über die Stadt öffnet, ruft der Sultan zum Angriff und scheitert an ein paar Hundert Bauern und einer Handvoll Soldaten, geführt von Hauptmann Miklós Jurisics, der die Stadt schützen und den türkischen Vormarsch Richtung Wien abwehren kann.
Von der südöstlichen Bastion verteidigt der Feuermeister Mátyás Forintos ebenso erfolgreich die Festungsmauern. Jedoch geht er aus der Geschichte von Kőszeg nicht wie Jurisics als Held hervor, der mit einer Burg beschenkt und nach dem der Hauptplatz benannt wurde. Der Mátyás Forintos soll nämlich später wegen Hexerei angeklagt worden und erst nach Eingreifen des Gerichtshofes in Wien freigekommen sein. Grund für die Festnahme waren religiöse Intrigen.
Anschauliches Zeugnis für den Religionskampf in Kőszeg ist der Jurisics tér, einst Hauptplatz, Markt-, Gerichts- und Versammlungsort der Altstadt. Dort stehen zwei Kirchen direkt nebeneinander. Denn weil die deutschen Lutheraner die ungarischen Protestanten aus der St. Jakob Kirche vertrieben haben, haben sich die gleich daneben nach ebendiesem Vorbild ein eigenes Gotteshaus gebaut – die St. Emmerich Kirche.
Auch vor den Stadtmauern beeindrucken zwei Gebetshäuser. An der Stirnseite des langgezogenen neuen Hauptplatzes Fö tér thront die neugotische Herz Jesu Kirche, heute Hauptkirche von Kőszeg. Ihre dreischiffige Innenhalle ist farbenprächtig ausgemalt, und die Dachkeramiken leuchten bis zur Sultan Süleyman Aussicht. Schön langsam von der Natur versteckt wird die seit 1944 nicht mehr genützte Synagoge. Du kannst sie nördlich der Altstadt durch ein Tor am Burgring erspähen.
Dann gäbe es noch die Geschichte von der Apotheke, deren Einrichtung, wunderschön von drei Jesuiten-Patern geschnitzt, zu groß für den Raum war, weshalb der Apotheker kurzerhand die angrenzende Gasse überbaut hat… Und die Geschichte vom Rathaus, dessen Hauptraum heute im Keller liegt, weil das Niveau des Jurisics tér infolge wiederholter Zerstörung immer wieder mit Schutt bedeckt und nun um 2m höher liegt als seinerzeit.
Aber leider hat das Gewitter der Mari ihren Stadtspaziergang durchkreuzt…